Mit Betroffenen statt nur für Betroffene: Ein gemeinsamer Ansatz für Sprachtherapeut:innen und Entwickler:innen technischer Anwendungen
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Wenn es darum geht, Anwendungen für Menschen mit Beeinträchtigungen in Sprache und/oder Kommunikation zu entwickeln, sollte die Gruppe der Betroffenen mehr als nur eine Interessengruppe sein – sie muss im Zentrum des Prozesses stehen. Egal, ob Sie Sprachtherapeut:in oder Entwickler:in sind: Die effektivsten und förderlichsten Tools entstehen durch die enge Zusammenarbeit mit Betroffenen, wobei deren Bedürfnisse und Erfahrungen jede Entscheidung leiten.
Die Zusammenarbeit zwischen Sprachtherapeut:innen, Entwickler:innen und Betroffenen stellt sicher, dass Betroffene nicht nur passive Empfänger sind, sondern aktive Mitgestalter von Anwendungen und Therapiesitzungen. Im Folgenden möchte ich vier Leitprinzipien aufzeigen, um Anwendungen zu entwickeln, die die Gruppe betroffener Personen ins Zentrum stellen.
1. Zusammenarbeit: Die Gruppe als integraler Teil des Teams
Die wirkungsvollsten Innovationen entstehen durch intensive Zusammenarbeit, bei der betroffene Personen nicht nur Feedback geben, sondern von Anfang an die Lösung aktiv mitgestalten. Bei der Entwicklung von Kommunikations-Apps oder Therapiemethoden ist es entscheidend, Menschen mit sprachlichen und kommunikativen Beeinträchtigungen als zentrale Mitwirkende einzubeziehen. Ihre Erfahrungen liefern wertvolle Einblicke und leiten das Design und die Funktionalität der Anwendungen, damit sie reale Herausforderungen adressieren.
Dieser kollaborative Ansatz bedeutet oft, eng mit den Nutzenden zusammenzuarbeiten, die Kommunikationsschwierigkeiten erfahren, und ihr Feedback in jeder Entwicklungsphase zu integrieren. Indem sie offen ihre Herausforderungen und Präferenzen teilen, helfen Nutzende, wesentliche Funktionen zu verfeinern, sodass die Lösung ihre spezifischen Bedürfnisse erfüllt. Die gemeinsame Entwicklung mit den Nutzenden sorgt dafür, dass das Endprodukt effektive Kommunikation im Alltag ermöglicht und intuitiv sowie anpassungsfähig ist.
Praktischer Tipp: Beziehen Sie Menschen mit Sprach- und Kommunikationsbeeinträchtigungen von Anfang an in Ihren Entwicklungs- und Designprozess ein. Ihr Input sollte zentrale Funktionen und die Benutzerfreundlichkeit prägen, damit die Lösung ihren täglichen Kommunikationsbedürfnissen gerecht wird.
2. Personalisierung und Flexibilität: Lösungen für individuelle Bedürfnisse
Jede Person ist äußerst individuell, wenn es um ihre Kommunikationsbedürfnisse geht. Daher ist Personalisierung entscheidend, um eine Anwendung oder eine Therapie effektiv zu gestalten. Ob es sich um eine Kommunikations-App oder einen Therapieplan handelt – Lösungen sollten flexibel und anpassbar sein, um den spezifischen Anforderungen und Vorlieben der Nutzer zu entsprechen.
Personalisierung ermöglicht es, Anwendungen so anzupassen, dass sie den Wortschatz, die Einstellungen und Funktionen enthalten, die das persönliche Leben, die Vorlieben und Fähigkeiten der Nutzenden widerspiegeln. Das Feedback von Nutzenden und Fachleuten stellt sicher, dass Lösungen an verschiedene Kommunikationsstile und motorische Fähigkeiten angepasst werden können. Diese Anpassungen schaffen eine Kommunikationsschnittstelle, die ganz spezifisch für den Nutzenden ist, fördern dessen Unabhängigkeit sowie sinnvolle Teilhabe am Alltag.
Praktischer Tipp: Arbeiten Sie eng mit der Gruppe Betroffener zusammen, um Möglichkeiten der Personalisierung zu identifizieren, die ihren Bedürfnissen am besten entsprechen. Ob es flexible Einstellungen in einer App oder anpassbare Therapieziele sind – diese sollten so gestaltet sein, dass sie individuell auf die Nutzende zugeschnitten werden können.
3. Kontinuierliches Feedback und Anpassung: Die Gruppe leitet die Weiterentwicklung
Die Rolle der Betroffenen endet nicht mit der ersten Entwicklung eines Produkts oder einer Methode. Um sicherzustellen, dass Kommunikationslösungen relevant und effektiv bleiben, ist es wichtig, eine Feedback-Schleife zu schaffen, in der Nutzende ihre Erfahrungen teilen und Verbesserungen vorschlagen können. Diese fortlaufende Zusammenarbeit hilft, Lösungen zu verfeinern und anzupassen, um sich besser an sich ändernde Bedürfnisse anzupassen.
Durch diesen kontinuierlichen Austausch können Nutzererfahrungen entscheidende Einblicke geben, wie Lösungen in verschiedenen Lebensbereichen funktionieren, von persönlichen Beziehungen bis hin zu beruflichen Interaktionen. Feedback kann die Entwicklung neuer Funktionen leiten, bestehende Funktionen verbessern und sicherstellen, dass Lösungen intuitiv und zugänglich bleiben. Durch die Integration dieser Updates werden Geräte benutzerfreundlicher und an die sich wandelnden Kommunikationsbedürfnisse angepasst.
Praktischer Tipp: Schaffen Sie leicht zugängliche Kanäle für Nutzerfeedback, sei es durch In-App-Feedback-Funktionen oder regelmäßige Check-ins mit Nutzenden. So kann die Lösung weiterentwickelt werden und langfristig effektiv bleiben.
4. Stärkung durch Unabhängigkeit: Selbstständigkeit fördern
Das ultimative Ziel jeder Kommunikationsanwendung oder Therapie ist es, Menschen zu befähigen, unabhängig zu kommunizieren. Indem die Gruppe betroffener Personen in den Entwicklungsprozess eingebunden wird, entstehen Lösungen, die Autonomie tatsächlich fördern. Wenn Nutzende die Lösung mitgestalten, werden diese intuitiver und zugänglicher, was die Selbstständigkeit von Betroffenen stärkt.
Barrierefreie Technologie, die mit Nutzerfeedback entwickelt wurde, kann Betroffene unterstützen, Herausforderungen sowohl im Lernen als auch im Alltag zu bewältigen. Funktionen, die spezifische Bedürfnisse ansprechen – wie erleichtertes Lesen, Schreiben oder Verstehen – bauen Selbstvertrauen auf und eröffnen weitere Bildungs- und Berufsmöglichkeiten.
Praktischer Tipp: Konzentrieren Sie sich auf Einfachheit und Benutzerkontrolle bei der Gestaltung von Kommunikationsanwendungen. Arbeiten Sie mit der Gruppe zusammen, um sicherzustellen, dass die Lösung intuitiv ist und die Nutzenden sie eigenständig nutzen können. Dieser Ansatz fördert Vertrauen und eine tiefere Verbindung zur Lösung.
Wichtige Erkenntnisse für Sprachtherapeut:innen und Entwickler:innen
• Machen Sie betroffene Personen zu einem integralen Bestandteil des Teams: Durch die Zusammenarbeit stellen Sie sicher, dass das Endprodukt reale, gelebte Erfahrungen widerspiegelt.
• Personalisierung ist der Schlüssel zum Erfolg: Individuelle Anpassung ermöglicht es, Anwendungen oder Methoden effektiv auf die spezifischen Bedürfnisse der Nutzenden zuzuschneiden.
• Regelmäßiges Feedback treibt Verbesserungen voran: Passen Sie Ihre Lösung regelmäßig basierend auf Nutzerfeedback an, um sicherzustellen, dass sie relevant bleibt und die sich ändernden Bedürfnisse der Nutzenden anpasst.
• Gestalten, um Unabhängigkeit zu fördern: Anwendungen sollten intuitiv sein und die Nutzenden befähigen, eigenständig zu kommunizieren, was Selbstvertrauen und Autonomie fördert.
Durch die Integration der Gruppe betroffener Personen in Ihren Entwicklungs- und Designprozess stellen Sie sicher, dass die Lösungen, die Sie schaffen, nicht nur praktisch, sondern auch unterstützend sind. Egal, ob Sie Sprachtherapeut:in oder Entwickler:in sind – wahre Innovation entsteht, wenn Sie mit der Gruppe Betroffener arbeiten, nicht nur für sie.
Über die Autorin
Jourdan Saunders, Sprachtherapeutin und CEO von The Resource Key war ehemalige Wettkampfsportlerin im Turnen und wurde als LinkedIn Top Voice für Gleichberechtigung am Arbeitsplatz ausgezeichnet. Sie unterstützt Führungskräfte mit innovativen Marketingstrategien bei der Schaffung nachhaltiger Systeme für barrierefreie digitale Erlebnisse, die Menschen mit Behinderungen und ältere Erwachsene einbeziehen.
Mit einer nachweislichen Erfolgsbilanz in der Zusammenarbeit mit Marken, die über 20 Millionen US-Dollar an Fördermitteln erhalten haben, nutzt Jourdan ihre einzigartige Perspektive, geprägt durch Aphantasie – eine Bedingung, bei der Menschen keine mentalen Bilder visualisieren können. Diese persönliche Erfahrung treibt ihr Engagement für eine inklusivere digitale Welt voran. Ihre Ressourcen, Werkzeuge und innovativen Lösungen haben über 2 Millionen Menschen in mehr als 300 Organisationen erreicht, und sie hat eine Community von über 50.000 Followern.
Ihre Vorträge zu Inklusion und Barrierefreiheit finden breite Resonanz und fördern wirkungsvolle Diskussionen und Aktionen. Von der Gesundheitsbranche bis zur Technologiebranche setzt sie sich für Veränderungen ein und unterstützt Initiativen wie das „Partner to Empower“-Programm von Brookfield Properties und das „Planet Positive 2030“-Programm des Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE).
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