Mini-Serie zur Lesekompetenz: Teil 1 - Einfluss der Technologie mit bewährten Methoden zur Leseförderung steuern
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Als Sprachtherapeutin verbringe ich viel Zeit mit der Recherche zu Strategien für den Aufbau von Sprach- und Lesekompetenzen.
Als ich noch in der Grundschule war, habe ich nicht sofort Zugang zum Lesen gefunden. Glücklicherweise standen die Chancen zu meinen Gunsten. Ich hatte nicht nur eine gute Schulbildung, sondern auch ein Umfeld, das mir viele Gelegenheiten bot, meine Lesekompetenz zu üben.
Meine Mutter hatte immer eine riesige Bibliothek mit Büchern zu Hause (und hat sie bis heute). Meine Eltern kauften uns keine Nintendo-Konsole. Stattdessen wurden wir, wenn uns langweilig war, dazu ermutigt, ein Buch in die Hand zu nehmen.
Auch das Sozialleben war damals anders. Wenn ich einem meiner Freunde eine Nachricht schicken wollte, schrieb ich ihm manchmal tatsächlich eine handschriftliche Notiz im Unterricht.
Kommunikation, Lesen, Schreiben und Unterhaltung waren damals ganz anders. Heute verbringen Kinder ihre Freizeit mit sozialen Medien und Videospielen, worüber sie mit Freunden chatten können. Wenn man sich verabreden möchte, reicht eine kurze Textnachricht an die Freunde.
Nach den aktuellen gesellschaftlichen Regeln müssen diese Textnachrichten oft nicht einmal vollständige Sätze mit korrekter Grammatik und Rechtschreibung enthalten.
Angesichts all dieser Technologie und des schnellen Nachrichtenaustauschs frage ich mich, ob Kinder überhaupt noch genügend Gelegenheiten haben, solide Lese- und Schreibfähigkeiten zu entwickeln.
Als Sprachtherapeutin interessiert mich dieses Thema besonders, denn die meisten Kinder, mit denen ich gearbeitet habe, haben bereits Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben. Für diese Kinder sind Gelegenheiten zur Entwicklung ihrer Lesekompetenz besonders wichtig. Deshalb bin ich immer besonders aufmerksam und beobachte genau, wie sich Technologie auf Kinder auswirkt – sowohl positiv als auch negativ.
Es ist derzeit schwer abzusehen, welche langfristigen Auswirkungen das Texten haben wird. Bisher sind die Forschungsergebnisse uneindeutig (Chang, 2009; Mittal, 2015; Plester, Wood & Bell, 2008). Ein Blick auf die Ergebnisse des National Center for Education Statistics zeigt, dass die Umfrage von 2020 nur einen leichten Rückgang der Leseleistungen zwischen 2017 und 2019 belegt – dennoch sind sie im Vergleich zu den 90er-Jahren, als ich aufwuchs, gestiegen (NCEA, 2020).
Es gibt sicherlich einige Vorteile der Technologie, insbesondere für Menschen mit Behinderungen, die auf bestimmte barrierefreie Funktionen angewiesen sind. In manchen Fällen könnte sie sogar eine Unterstützung sein.
Kinder mit Diagnosen wie Legasthenie oder entwicklungsbedingten Sprachverzögerungen (unter anderem) haben ein erhöhtes Risiko, beim Lesen und Schreiben Schwierigkeiten zu haben. Sie brauchen daher so viel „gutes“ Üben wie möglich.
Textnachrichten bieten definitiv eine Art von Übung – aber ob es sich dabei um „gutes“ Üben handelt, ist fraglich.
Wie können wir sicherstellen, dass Kinder gute Lese- und Schreibfähigkeiten entwickeln?
Wenn Kinder Schwierigkeiten beim Erlernen von Lesekompetenzen haben, ist die Menge an Übung, die sie erhalten, entscheidend für ihre Entwicklung.
Doch die digitale Welt macht es schwieriger, ausreichend Übungsmöglichkeiten zu bieten.
Die entscheidende Frage lautet daher: Was können wir tun?
Die einfache Antwort: Wir tun dasselbe, was wir schon vor der Zeit der SMS getan haben.
Und angesichts all der Ablenkungen, die Kinder heutzutage haben, müssen wir noch konsequenter darin sein als je zuvor.
Die nächste Frage lautet: Wie setzen wir das um?
Wir orientieren uns an den Grundprinzipien erfolgreicher Leseinterventionen.
Es gibt einige wesentliche Fähigkeiten, die Schüler brauchen, um erfolgreich lesen, schreiben und buchstabieren zu können. Diese erläutere ich hier.
Wenn wir darüber nachdenken, wie wir Kinder mit Lese- und Schreibschwierigkeiten in einer Welt voller „SMS-Sprache“ unterstützen können, sollten wir folgende Aspekte berücksichtigen:
• Strukturierte Intervention
• Aktive und generative Nutzung von Sprache
• Integration von Fähigkeiten
Strukturierte Intervention für das Lesen muss verschiedene Fähigkeiten fördern, die die Lesekompetenz unterstützen. Dazu gehören der Wortschatz und das Hintergrundwissen, die strukturellen Komponenten der Sprache wie Syntax, höhere kognitive Prozesse und exekutive Funktionen sowie grundlegende Fähigkeiten für das Buchstabieren und Dekodieren. In dieser Artikelreihe konzentriere ich mich auf das Dekodieren (Henbest & Apel, 2021; Kucan, 2012).
Aktive und generative Nutzung beschreibt die Art und Weise, wie wir Spracheinheiten lernen und flexibel in verschiedenen Kontexten einsetzen. Zum Beispiel lernen wir, dass Phoneme lautliche Einheiten sind, die unterschiedlich kombiniert werden können, um Wörter zu bilden. Ebenso verstehen wir, dass Wörter Spracheinheiten sind, die sich generativ zu Sätzen verbinden lassen (Walsh & Blewitt, 2006).
Integration von Fähigkeiten bezieht sich darauf, wie wir erlernte Fähigkeiten von einem Kontext auf einen anderen übertragen, durch Übung Automatisierung aufbauen und auf Basis unseres Vorwissens implizit neue Fähigkeiten erwerben.
Ich werde diese drei Prinzipien in den nächsten Artikeln genauer erläutern.
In Teil 2 dieser Serie gehe ich näher auf das erste Prinzip ein: Strukturierte Intervention.
Dr. Karen Dudek-Brannan ist die Gründerin und Inhaberin von Dr. Karen, LLC, einem Unternehmen, das Therapeut:innen und Pädagog:innen dabei unterstützt, Interventionen zur Förderung von Sprache, Lesekompetenz und exekutiven Funktionen zu entwickeln. Sie hat einen Doktortitel in Sonderpädagogik sowie Qualifikationen als Direktorin für Sonderpädagogik und Assistive Technologie an der Illinois State University. Darüber hinaus hat sie dort ihren Master- und Bachelorabschluss in Sprachtherapie erworben. Sie hat 14 Jahre im Schulsystem gearbeitet und war in verschiedenen Führungspositionen sowie in der Hochschullehre tätig, wo sie Fachkräfte betreute und ausbildete. Zudem leitet sie den De Facto Leaders Podcast, in dem sie evidenzbasierte Ansätze, persönliche Erfahrungen und Experteninterviews zu Themen der Bildungs- und Gesundheitsreform teilt. Aktuell hat sie eine Managementposition beim Illinois Department of Children and Family Services inne.
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Literaturverweise
National Center for Education Statistics (2020). The condition of education 2020.